Strategie/Wikimedia-Bewegung/2018-20/Berichte/Zusammenfassung der Movement Conversations 2020/Deutsch
Die Zahlen
Die deutschsprachigen Gemeinschaften von Commons, Wikidata, Wikibooks, Wikiversity, Wikisource and Wiktionary wurden eingeladen, sich auf Wikipedia oder Meta zu beteiligen und haben das Angebot auch angenommen. So haben sich mehr als 50 Personen auf Wikipedia zusammengefunden, um die Strategie-Empfehlungen zu diskutieren und zu kommentieren. Weitere 20 Personen haben auf Meta und anderen Projekten Rückmeldungen gegeben. Während der zwei Videokonferenzen haben sich 11 Personen zugeschaltet. Soziale Medien sind spärlich genutzt worden, aber es gab eine Diskussion auf der AdminCon mit ca. 60 Teilnehmenden. Am Gesprächsforum im WikiBär, dem lokalen Raum in Berlin, nahmen 10 Personen teil (weitere Veranstaltungen in den anderen lokalen Räumen folgen zeitnah).
Allgemeine Auffassungen
Die Rückmeldungen der deutschsprachigen Online-Community waren überwiegend kritisch. Meistens wurde die große Zahl der Empfehlungen, unklare Sprache und die schwierige Unterscheidbarkeit der verschiedenen im Text angesprochenen Agierenden (Interessengruppen, Stakeholders) bemängelt.
Es fiel vielen schwer, in den Empfehlungen eine klare Richtung der strategischen Veränderungen und die konkreten Konsequenzen für das jeweilige Projekt zu erkennen.
Weil die Sprache (sowohl im Original als auch in der Übersetzung) für viele schwer verständlich war, gab es zudem einige Missverständnisse. Für diejenigen, die sich zum ersten mal mit der Strategie beschäftigten, war die schiere Menge an Text oft zu viel. Trotzdem gab es in einigen Punkten eine inhaltliche Unterstützung.
Unterstützte Bereiche
Größere finanzielle Unabhängigkeit der Organisationen, als auch Förderung neuer Organisationen und entstehender Gemeinschaften wurde von vielen Benutzenden der Online-Gemeinschaft unterstützt.
Investitionen in Fortbildung und Kapazitätsaufbau, besonders für Mentoren Mentorinnen und Schiedsgericht, als auch Neulingsgewinnung wurden positiv gewertet. Die Förderung von engerer Koordination der Agierenden (Stakeholders) und besserem Wissens-Management wurde ebenfalls unterstützt, ebenso Forschung über Nutzung und Manipulation unserer Inhalte. Die Erweiterung und Skalierbarkeit der technischen Infrastruktur wurde ebenfalls von einigen Benutzenden sinnvoll gefunden.
Eine praktikable Gestaltung der Plattformen und Unterstützung der Gemeinschaften durch eine gute Nutzungserfahrung stieß auf Zustimmung. Technische Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen, aber auch für Neulinge - die aber auch in der Lage sein müssen, das komplexe Werk an Regeln zu verstehen und enzyklopädisch tätig zu sein - wird allgemein als nützlich betrachtet. Eine Benutzerin begrüße den Fokus auf die Neulingsgewinnung und betonte, dass mit Bemühungen darum bereits 2004 begonnen wurde, während ein weiterer Benutzer Neulingsgewinnung als wichtigstes Thema überhaupt bezeichnete.
Studien durch die Wikimedia Foundation, Handreichungen und Hilfeleistungen für Online-Gemeinschaften werden gut angenommen, solange die Gemeinschaft die freie Entscheidung darüber behält, ob sie diese nutzt und umsetzt.
Bereiche mit Widerstand oder Befürchtungen
Es wurden große Befürchtungen über mögliche Eingriffe in die Selbstverwaltung der Gemeinschaft durch die Wikimedia Foundation (WMF), neu geschaffene Strukturen wie das Global Governance Body und neue Richtlinien wie den Verhaltenskodex (aus den Empfehlungen Kulturelle Veränderungen, Sicherheit bereitstellen, gerechte Entscheidungsfindung) geäußert.
Der allgemeine Mangel an Vertrauen in die WMF aufgrund intransparenter Interventionen in der Vergangenheit (FramBan, Superprotect) wurde auf alle oben genannten Bereiche projiziert. Der Verhaltenskodex erzeugte die Furcht vor einer Auferlegung und Durchsetzung von Verhaltensrichtlinien von oben nach unten bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Selbstverwaltung der Gemeinschaft. Eine "Priorisierung der Themen nach Auswirkungen" wurde prinzipiell abgelehnt, insbesondere wenn sie sich auf die inhaltlichen Aktivitäten der Projekte richtet oder sie beeinflusst.
Es besteht auch die Sorge, dass neue Vereinbarungen und Standards die Probleme nicht lösen werden - es gibt bereits genug - aber die Umsetzung entscheidend ist.
Der teilnehmende Teil der Gemeinschaft äußerte eine weit verbreitete Besorgnis über die Kommerzialisierung (bezahlte API) und eine mögliche Kluft zwischen "normalen Freiwilligen" und bezahlten Kräften (Förderung von Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit).
Neue Hierarchien und Führungsansprüche werden für Wikipedia, ein Projekt von Freiwilligen auf Augenhöhe, nicht als geeignet angesehen. Dies war auch ein Übersetzungsproblem, da Führung (Leadership) im Englischen vielleicht eine positive Konnotation hat, im Deutschen aber eine negative (Förderung und Entwicklung verteilter Führung).
Der Start neuer Schwesterprojekte wie z.B. für Oral History wurde unterstützt, solange solche Quellen nicht als allgemeine Grundlage für Wikipedia-Artikel dienen müssen.
Vorschläge für Verbesserungen
Nicht viele Personen schlugen Verbesserungen vor, aber ein zentrales Anliegen der verschiedenen Projekte war es, bei der Umsetzung von Empfehlung 12 (Auswertung, Wiederholung und Anpassung) und Empfehlung 3 (Verbessern der Nutzungserfahrung) die Funktionalität der von der WMF bereitgestellten Werkzeuge (z.B. für den Upload-Assistenten bei Commons) klar zu priorisieren, anstatt neue Funktionen zu schaffen.
Generell wurde der Wunsch geäußert, die redaktionelle Unabhängigkeit stärker über die Wissensnutzung zu stellen und sich gleichzeitig stark an Neulinge mit guten Absichten zu wenden.
Klare Beispiele und das Setzen von Zielen statt Prozessen wurden als vorteilhaft für die Strategie angesehen.
Zu klärende Punkte
Aus der bisherigen Diskussion ist klar geworden, dass mit "Führungskräften" andere Menschen gemeint sind, als es scheint (etwa Aktive, die einen Stammtisch oder ähnliches organisieren), aber wenn das der Fall ist, dann wäre es hilfreich, klar auszudrücken, welche Personen tatsächlich gemeint sind.
Ähnliche Bemerkungen wurden in Bezug auf den Begriff Interessengruppen (Stakeholder) gemacht, bei dem ebenfalls nicht ganz klar ist, wer angesprochen wird. Der Begriff der Gemeinschaft (Community) sollte ebenfalls geschärft und kontextualisiert werden.
Schließlich sollte klargestellt werden, dass die Empfehlung, die sich mit der Priorisierung von Themen befasst, nicht die Autonomie der Beitragenden antastet, sondern darauf abzielt, sinnvolle Projekte zu unterstützen (z.B. zu finanzieren).